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Netzfragen: Wir brauchen gigabitfähiges Internet überall

Netzfragen: Wir brauchen gigabitfähiges Internet überall

Im Blick auf die kurz bevorstehende Bundestagswahl, ist die Frage wie weit uns Fake News und Social Bots beeinflussen besonders interessant. Warum die aktuellen Pläne zum Breitbandausbau nicht zukunftssicher sind und warum Manuel Höferlin selbst gegen die Vorratsdatenspeicherung klagt, hat uns der FDP Politiker selbst verraten.

Manuel Höferlin sammelte bereits während seinem Jura-Studium Erfahrung in der Informatik-Branche. Parallel zu seinem Studium gründet Manuel Höferlin neben einer IT-Beratung auch einen Internetprovider. In die Politik steigt er schließlich 2005 ein, als er Mitglied der FDP wird. Für die Liberalen ist Höferlin im Gemeinderat, Kreisvorstand sowie FDP Bundesvorstand. 2007 wurde Manuel Höferlin Geschäftsführer vom Kreisverband Mainz-Bingen, ein Jahr später nimmt er das Amt als Bezirksvorstand auf. 2009 wird Manuel Höferlin als Abgeordneter in den Bundestag gewählt, wo er im Innen- und Rechtsausschuss tätig ist. Zudem ist er Vorsitzender der AG IT und Netzpolitik. Nachdem die FDP 2013 an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert ist, kann Höferlin keine zweite Legislaturperiode absolvieren. Dieses Jahr ist er wieder Spitzenkandidat in Rheinland-Pfalz. Ein Interview von Roman van Genabith und Tom Jennewein

Netzneutralität

TechnikSurfer: Zunächst das Thema Netzneutralität – Diese wurde von der BEREC abgesichert. In Ihrem Wahlprogramm für die Bundestagswahl steht aber wieder, dass alle Datenpakete im Netz gleichberechtigt sein müssen. Wurde dieses Ziel bislang nicht erreicht?

Höferlin: Wir sind der Meinung, dass Datenpakete im Netz immer gleichbehandelt werden sollten. Denn es gibt keinen Grund, bestimmte Anbieter oder Datenpakete schneller zu transportieren. Allerdings gibt es bestimmte Diensteklassen, bei denen es ein berechtigtes Interesse gibt, dass diese nicht stecken bleiben, falls die Bandbreite nicht ausreicht. Netzneutralität wird schließlich erst dann zum Problem, wenn die Kapazität nicht ausreicht.

Um ein Beispiel zu nennen: medizinische Dienste. Diese hätten ein berechtigtes Interesse an bevorzugter Übertragung. Unserer Ansicht nach sollte das Ganze daher neutral durch Diensteklassen gestaltet werden, damit man einen Diensttypus unabhängig vom Anbieter schneller durchlassen kann. Denn wenn bestimmte Anbieter bevorzugt werden, ist das schlicht Wettbewerbsverzerrung.

Streng genommen wäre diese Bevorzugung nach Diensteklassen bereits eine Verletzung der Netzneutralität. Jedoch wäre dies in Ordnung, solange es anbieterunabhängig geschieht, hierdurch der Wettbewerb nicht verzerrt wird und auch kleinere Anbieter am Markt eine Chance haben.

TechnikSurfer: Damit haben Sie die Frage, ob es unter bestimmten Bedingungen priorisierte Übertragungen geben sollte, bereits vorweggenommen.

Höferlin: Genau, das ist unsere Haltung als Freie Demokraten. Sie hatten oben angesprochen, dass es nach den Richtlinien der BEREC keine Verletzungen gäbe. Ich denke, die gibt es durchaus. Beispielsweise StreamOn. Wenn ein Mobilfunkanbieter bestimmte Streamingdienste auf sein Datenvolumen anrechnet und andere nicht, dann ist das eine mittelbare Verletzung der Netzneutralität. Eines der größten Probleme bei der Netzneutralität ist aber doch eigentlich, dass sie zu oft unterschiedlich definiert wird.

TechnikSurfer: Sie haben es gerade angesprochen, StreamOn von der Telekom. Damit hat die Telekom eine Debatte angestoßen, die sich noch eine Weile ziehen wird.

Nun hatte die US-Tochter T-Mobile US etwas Ähnliches ja schon lange. In den USA hatte das auch zu Debatten geführt; diese waren jedoch längst nicht so intensiv, wie in Deutschland. Können Sie noch ein paar Worte konkret zu StreamOn und ihrer Position dazu sagen?

Höferlin: Das Problem liegt eigentlich noch eine Ebene tiefer. Es gibt eine Regulierung der Telekommunikationsnetze nach unterschiedlichen Regeln, abhängig davon, welchen Transportweg das Internet benutzt. Damit beginnt eigentlich das Problem. Denn es macht rechtlich einen Unterschied, ob sie Internet über eine DSL-Leitung, ein Kabel oder über Mobilfunk bekommen. Das hat historisch zwar irgendwo alles seine Gründe, muss aber schlussendlich in eine einheitliche Regulierung münden.

Im Moment wird die Diskussion doch deshalb geführt, weil es unterschiedliche Regulierungsgrundlagen gibt. Dem Nutzer wird es aber zunehmend egal, über welche Infrastruktur er das Internet nutzt. Deshalb darf es bei den Zielen, die wir beim Breitbandausbau verfolgen, auch keinen Unterschied mehr machen. Wir können nicht ständig sagen, dass wir Breitbandtechnologien offen ausbauen wollen und beim Kunden kommt es dann unterschiedlich reguliert an.

Zu StreamOn kann ich nur sagen, letztendlich liegt es nicht an diesem einen Dienst, sondern daran, dass wir Kapazitätsengpässe in dem Bereich haben.

Im Prinzip machen es die Kabelbetreiber mit dem Kabelfernsehen ähnlich wie die Telekom, indem sie Kabelfernsehen als ihren Hauptdienst auf dem Kabel ausgeben und die verfügbare Restbandbreite für ein bisschen Internet nutzen.

Für uns geht es deshalb um einheitliche Regulierung des Netzzuganges. Denn wenn man Netzneutralität nicht anbieten kann oder will, muss anbieterneutral, bzw. diensteklassenneutral reguliert werden.

Datenschutz & Privatsphäre

TechnikSurfer: Kommen wir zum Thema Vorratsdatenspeicherung. Es wurde eine Verfassungsklage eingereicht. Ist die FDP strikt dagegen oder gäbe es eine Art entschärfte Version der Vorratsdatenspeicherung, der sie zustimmen könnten?

Höferlin: Ich habe gemeinsam mit anderen gegen die Vorratsdatenspeicherung geklagt. Daher beantworte ich die Frage deutlich mit „Nein“. Unser Gegenvorschlag ist ein schnellerer und rechtssichererer Zugriff auf bereits vorhandene Daten durch das sogenannte „Quick-Freeze“. Dadurch sollen die Ermittlungsbehörden erstmal schneller an diese bereits vorhandenen Daten kommen.

Denn wir Freie Demokraten wollen grundsätzlich, dass zunächst alle vorhandenen Mittel ausgeschöpft werden sollten, bevor man die nächste Stufe beschreitet, bei der Freiheiten eingeschränkt werden könnten.

Das Quick-Freeze-Modell funktioniert dabei ganz einfach. Sobald es einen konkreten Verdacht gibt, können Sicherheitsbehörden Einsicht in die vorhandenen Verkehrsdaten beantragen. Der Provider bekommt in diesem Fall zunächst die Anweisung, die Daten nicht zu löschen. Dies kann auch vorgerichtlich erfolgen. Danach muss aber ein Richter den eigentlichen Zugriff auf die Daten gestatten.

Wichtig ist, dass es bei personenbezogenen Daten unbedingt einen Richtervorbehalt gibt.

TechnikSurfer: Das Quick-Freeze-Verfahren müsste aber sehr schnell funktionieren und es müsste Ansprechpartner geben, die jeder Zeit zur Verfügung stehen und dann schnell handeln, falls es eine Quick-Freeze-Anfrage gibt.

Höferlin: Die großen Provider sind sowieso aus technischen Gründen 24/7 erreichbar. Es gibt mittlerweile Melde- bzw. Erreichbarkeitsverpflichtungen für Internetprovider, die eine bestimmte Größe überschreiten. Und nur für diese soll ja auch die Vorratsdatenspeicherung gelten. Aus diesem Grund ist das Argument der Erreichbarkeit für mich nicht haltbar, denn diese Anbieter sind alle schon heute problemlos erreichbar.

Um ihre nächste Frage vorweg zu nehmen. Ja, in diesem Punkt müssen Polizei und Justiz etwas flotter werden. Das ist aber auch in der analogen Welt der Fall. Wenn da ein Verbrechen geschieht, dann kann die Polizei auch nicht abwarten. Sonst werden sie den Verbrecher sicher nicht schnappen.

TechnikSurfer: Wollen Sie Verschlüsselungsverfahren, die nach aktuellem Stand nicht, oder nur mit sehr großem technischen Aufwand überwunden werden können, in ihrer Anwendung beschränken?

Höferlin: Nein, im Gegenteil. Wir wollen ein Grundrecht auf Verschlüsselung. Diese Forderung finden sie in unserem Wahlprogramm unter der Überschrift: „Digitale Infrastruktur auf dem neuesten Stand“. Darin steht: „Wir Freien Demokraten fordern ein Grundrecht auf Verschlüsselung. Die Weiterentwicklung von Verschlüsselungstechnologien, die Sicherheit von Speicherungssystemen und von qualifizierten Zugriffs- und Berechtigungslogiken muss hierfür stärker vorangetrieben werden.“

Wir glauben, dass das elementar wichtig ist, um IT-Sicherheit in der Zukunft zu gewährleisten.

Der Zugriff über Staatstrojaner, den die Bundesregierung gerade erst entschieden hat, ist dabei absolut kontraproduktiv.

Innenminister Thomas de Maizière sagt, dass er Verschlüsselung nicht angreifen möchte und stattdessen auf das Endgerät zugreifen wolle.

Der Punkt ist, wenn ich das zu Ende denke, heißt das nichts anderes, als dass der Staat Hintertürchen im Betriebssystem erkennt und für sich offen hält, anstatt sie bei den Herstellern schließen zu lassen.

Das ist für uns nicht akzeptabel. Wir denken, wenn der Staat, mit einer relativ überschaubaren Anzahl von Leuten, die daran arbeiten, Hintertürchen findet, um auf Endgeräte zugreifen zu können, dann finden andere diese auch. Die Tür wäre somit auch offen für Straftäter und Betrüger. Das ist nicht die Lösung.

TechnikSurfer: Ihrer Ansicht nach sollten Zero-Day-Exploits also nicht genutzt, sondern an die Hersteller rückgemeldet werden?

Höferlin: Genauso ist es.

TechnikSurfer: Glauben sie, dass die Schwächung von Verschlüsselungsverfahren effektiv bei der Bekämpfung von, beispielsweise Terrorismus, geholfen hat?

Höferlin: Nein. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass diejenigen, die wirklich Verschlüsselung wollen, diese auch erreichen.

Diese Diskussion gibt es ja schon, seitdem PGP Anfang der 90er nicht aus den USA exportiert werden durfte. Damals wurde dann der Quellcode einfach ausgedruckt und abgeschrieben.

Das ist für mich das beste Beispiel, wie unsinnig solche Regelungen sind.

Man kann das nicht bremsen, indem man einfach nur die Verschlüsselungssysteme verbietet. Das bringt einfach nichts. Es gibt immer einen Weg, sogar meist einen legalen.

Die Schwächung von Verschlüsselung wäre übrigens auch nicht hilfreich, da wir wollen, dass alle Bürger gut geschützt sind und im Internet der Dinge sichere Kommunikation von Endgerät zu Endgerät möglich ist.

Fake News & Netzwerkdurchsetzungsgesetz

TechnikSurfer: Kommen wir zum Thema Fake News. Würden sie sagen, dass auch die Bundestagswahl in Gefahr ist, von Fake News beeinflusst zu werden?

Höferlin: Unser ganzes Leben ist in Gefahr, von Fake News beeinflusst zu werden. Das war aber auch schon immer der Fall. Klatsch und Tratsch sind kein neues Phänomen. Von daher würde ich sagen: „Ja“.

Wenn Gerüchte erstmal laufen, dann laufen sie. Damit muss man leben. Das ist genau das, was ich seit Jahren anprangere: Dass die Fähigkeit Quellen korrekt einzuordnen, ein Job, den Journalisten bis dato gemacht haben, heute vom mündigen Internetnutzer selbst übernommen werden muss. Das ist eine Fertigkeit, die man erlernen muss.

TechnikSurfer: Sie sagen in Ihrem Parteiprogramm, dass sie sich definitiv für Meinungs- und Pressefreiheit einsetzen, wodurch auch gewisse Falschmeldungen abgedeckt sein könnten. Würden sie also sagen, dass Fake News der FDP kein Dorn im Auge sind?

Höferlin: Wir haben zum einen verfälschte Behauptungen, mit denen wir schon immer leben mussten, die aber jetzt im Netz eine andere Dimension haben und zum anderen Hetze und strafrechtlich relevante Inhalte, wie übrigens auch die falsche Tatsachenbehauptung. Gegen die kann man heute bereits vorgehen, wenn sie strafrechtlich relevant ist.

Solange es aber keinen Straftatbestand gibt, muss man sich mit ganz normalen Mitteln dagegen wehren, eben unter anderem dadurch, dass wir dafür sorgen, dass Menschen solche Äußerungen bewerten und einordnen können.

Etwas anderes ist es, wenn es um strafrechtlich relevante Äußerungen geht. Wenn jemand zum Beispiel Volksverhetzung oder Beleidigungen verbreitet, die eine Straftat darstellen.

Dazu passt ja auch ihre Frage, ob wir NetzDG gut finden oder nicht.

Nein, finden wir nicht. Denn wir glauben, dass private Rechtsdurchsetzung auch im Netz nicht die richtige Lösung ist. Es gibt zahlreiche Beispiele, bei denen nicht klar ist, ob etwas gelöscht werden muss oder nicht. Es gab eine Fernsehsendung zu dem Thema, in der selbst Justizminister Maas andere Einschätzungen zur Löschung vorgenommen hat, als die zuständigen Richter oder das Publikum. Das verdeutlicht, wie schwierig es in solchen Grenzbereichen ist. Ich kann nicht nachvollziehen, warum wir gerade bei so einem schwierigen juristischen Problem ausgerechnet Abteilungen von internationalen Konzernen damit befassen oder diesen vertrauen sollten. Facebook und Co. sollten keine Zensurbehörden werden.

TechnikSurfer: Würden sie also sagen, dass man das Netzwerkdurchsetzungsgesetz durchaus mit einer Zensur gleichsetzen kann?

Höferlin: Das NetzDG ist nicht automatisch ein Zensurgesetz, aber, wenn man es umsetzen muss, kann es in Einzelfällen eben auch zu Zensur führen.

Wenn beispielsweise jemand, der in einer solchen Abteilung arbeitet, der Meinung ist, eine bestimmte Äußerung sei rechtswidrig, obwohl sie eigentlich noch von der freien Meinungsäußerung gedeckt ist. Wenn das dann noch ein Journalist ist, der diese Äußerungen getätigt hat, dann sind wir ganz schnell beim Löschen durch Privatpersonen aufgrund von Vermutungen und sogar bei Verletzungen der Pressefreiheit. Dagegen würde es dann Klagen geben.

Meines Erachtens ist im NetzDG der einheitliche Ansprechpartner in den Unternehmen richtig, so dass beispielsweise eine richterliche Entscheidung schnell und rechtssicher zugestellt werden kann.

Wenn also ein Richter im Eilverfahren entscheidet, dass eine bestimmte Äußerung rechtswidrig ist, dann muss das so schnell wie möglich durchgesetzt werden können. Es gibt diese Verfahren ja bereits in Form des einstweiligen Rechtsschutzes bei Gericht. Wenn sie vorläufig Recht bekommen, kann das innerhalb von Stunden durchgesetzt werden.

TechnikSurfer: Die Kommunikation zwischen Behörden und den großen Internetanbietern müsste dementsprechend beschleunigt werden. Es wurde ja immer wieder kommuniziert, dass die noch nicht schnell genug ist. Wobei sich da wahrscheinlich auch schon einiges getan hat.

Höferlin: Genau. Es sollte in jedem Unternehmen einen in Deutschland bekannten Ansprechpartner geben. Das kann auch eine E-Mailadresse und eine Abteilung dahinter sein, die das durchsetzt und mit der Kommunikation eben schnell und reibungslos möglich ist.

TechnikSurfer: Facebook ist bereits vor einiger Zeit mit Tipps an den Start gegangen, die helfen sollen, Fake News zu identifizieren.

Google hat den Faktencheck gestartet, der auf einem ähnlichen Ansatz beruht.

Was halten Sie von diesen Initiativen. Haben sie sich die mal angeschaut?

Höferlin: Nein, ich habe mir diese Maßnahmen noch nicht im Detail angeschaut und kann sie daher auch nicht abschließend beurteilen.

Grundsätzlich finde ich solche Initiativen natürlich gut. Allerdings ersetzen sie nicht die Medienbildung, die in der Breite der Gesellschaft anfangen muss.

Das Einordnen von Nachrichten, durch einen Quellencheck, was früher Aufgabe von Journalisten war, wird heute Aufgabe eines jeden Nutzers. Diese Fähigkeit fällt aber nicht vom Himmel.

TechnikSurfer: Ab wann werden Social Bots Ihrer Meinung nach zum Problem oder sind sie das schon? Sollten sie gekennzeichnet werden?

Höferlin: Die gehören einfach dazu. Ich persönlich betrachte sie als kein großes Problem. Social-Bots haben viele Funktionen. Ähnlich wie ein Messer. Ein Messer kann auch gute und schlechte Funktionen haben. Ein Social Bot kann natürlich gefährlich sein, aber er ist nicht per se gefährlich.

Ich muss zugeben, ich habe zur weiteren Entwicklung auch noch keine abschließende Meinung. Dafür muss man die Entwicklung abwarten. Zurzeit kann man Bots noch ganz gut erkennen. Ob man sie von Vornherein kennzeichnen muss, weiß ich nicht.

Wir nutzen ja selber Social-Bots, die aber klar als solche erkennbar sind. Wenn sie zum Beispiel ein Stichwort an FDPush auf Twitter schicken, dann erhalten sie eine Antwort aus dem Wahlprogramm. Sowas kann ja durchaus auch sinnvoll sein, weil es neue Kommunikationswege öffnen kann.

Breitbandausbau

TechnikSurfer: Thema Breitbandausbau. Das ausgegebene Ziel ist bis 2018 50MBit/s für alle zu haben. Finden sie das ambitioniert oder sogar zu ambitioniert?

Höferlin: Es spielt doch keine Rolle, ob ich 50-, 100- oder 200 MBit/s ausbaue, es ist eh bald zu wenig.

Unsere Haltung ist: Wir brauchen gigabitfähiges Internet überall. Das erreichen wir nur über den Glasfaserausbau. Dort wo sich Glasfaser nicht rechnet, in den ganz abgelegenen Gebieten, brauchen wir optimale Voraussetzungen für einen ordentlichen 5G-Aufbau. Das heißt aber auch: Glasfaser am Mast.Das kostet viel Geld. Pessimisten gehen von 100 Milliarden Euro aus.

Daher haben wir vorgeschlagen, einen Fördertopf in Höhe von mindestens 25 Milliarden. Euro anzulegen. Diese 25 Milliarden Euro sollen durch den Verkauf der staatlichen Telekom- und Postanteile zustandekommen. Die daraus gewonnenen Mittel sollen dann ausschließlich in diesen Digitalisierungs- und Zukunftsfonds fließen.

Wir wollen Ausbau-Cluster definieren, die ausgeschrieben werden. In jedem Cluster befinden sich interessante und weniger interessante Stücke. Ein Cluster muss aber innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens vollständig versorgt werden. Das ist bereits beim Vectoring-Ausbau so ähnlich erfolgt und könnte jetzt wieder aufgegriffen werden.

Und dann bin ich der Meinung, dass wir es auch in fünf Jahren schaffen, den Glasfaserausbau signifikant voran zu treiben. Für mich ist es nicht hinnehmbar, dass wir in Europa an zweitletzter Stelle beim Glasfaserausbau stehen.

TechnikSurfer: Und diese, von ihnen gerade skizzierte Netzausbaustrategie wäre dann Analog auch bei 5G umzusetzen?

Höferlin: Das kommt dann dazu. Eigentlich ist die Frage, wo muss überall schnelles Internet hin. Beim weit abgelegenen Bauernhof muss man dann eben abwägen, lohnt es sich wirklich bis dorthin ein Glasfaserkabel zu ziehen oder versorgen wir an dieser Stelle mit einem 5G-Mast und legen das Kabel nur bis zu diesem Mast.

Letztlich muss überall schnelles Internet vorhanden sein. Und das Internet hört eben bei 50- oder 100 MBit/s nicht auf. Vielleicht wird man heute damit zufrieden sein, aber spätestens in ein paar Jahren, wird das auch wieder nicht ausreichen.

TechnikSurfer: Wir wollten noch mal näher auf die Ausbauverpflichtung eingehen. Nehmen wir das Beispiel einer Zugverbindung von Berlin nach Rostock. Das ist eine Strecke auf der man mit einem LTE-Vertrag der Telekom auf 50 bis 60 Prozent gar kein Netz hat. Das war auch bereits vor fünf Jahren so. Sollte man sich da nicht überlegen, solche Zugstrecken, die ja als Verkehrswege auch analog zu Autobahn fungieren, besser mit Mobilfunkversorgung abzudecken?

Höferlin: Das ist eine gute Frage. Es gibt natürlich Anbieter, die da Abhilfe schaffen können, allerdings nicht für den Kunden, sondern für den Zugbetreiber.

Wir haben als FDP beispielsweise in Rheinland-Pfalz mit in den Koalitionsvertrag geschrieben, dass ein qualitativ hochwertiger Internetzugang ein verbindlicher Teil des Ausschreibungsprozesses für den Schienenpersonennahverkehr wird.

Die Frage ist diesbezüglich aber eher, nehmen wir diejenigen in die Pflicht, die Personenbeförderung anbieten und verlangen von denen, dass sie ihre Züge vernünftig ausstatten, oder sollte der Infrastrukturbetreiber den Schienenstrang versorgen. Ich habe, ehrlich gesagt, noch keine abschließende Meinung dazu.

TechnikSurfer: Im Fernverkehr macht das die Bahn, im Regionalverkehr allerdings ist das ja keine Sache der privaten Bahnanbieter, sondern das muss dann von den Landkreisen angefordert, bzw. bestellt werden. Daran hängt es ja vermutlich meistens. Es gibt bereits die ersten Versuche mit WLan im Zug und im Bus. Die Frage wäre aber diesbezüglich, wer das eigentlich bestellt?

Höferlin: Diese Strecken werden ausgeschrieben. Für mich gehört diese Anforderung mit in die Ausschreibung. Wenn sie also als Land eine Regionalstrecke ausschreiben, ist es völlig üblich die Bedingungen zu nennen, die derjenige, der diese Strecke ausbauen möchte, erfüllen muss. Da gehört eben auch diese Anforderung zwingend mit rein, genau wie eine Qualitätsanforderung.

TechnikSurfer: Es dürfte bekannt sein, dass Telekom-Anteile verkauft werden. Es wird häufig dagegen argumentiert, dass die Telekom Inhaber von kritischen Infrastrukturen ist und das ganze daher nicht vollkommen aus der Hand gegeben werden sollte.

Was sagen sie darauf?

Höferlin: Natürlich wird die Telekom, auch mit den Netzen des Bundes, ein zentraler Partner sein. Dafür muss man aber nicht an dem Unternehmen beteiligt sein. Der Bund beteiligt sich ja auch nicht an Automobilherstellern, die unglaublich wichtig sind beispielsweise für den Fuhrpark der Bundeswehr.

Cybersecurity

TechnikSurfer: Dann möchten wir Ihnen noch eine letzte Frage zum Thema Cyber-Security stellen. Können Sie skizzieren, mit welchen Bedrohungsszenerien wir in den nächsten Jahren rechnen müssen? Stichwort, Angriff auf kritische Infrastrukturen. Wie kritisch ist das eigentlich und was kann man dagegen tun?

Höferlin: Ich kann nicht fundiert sagen, wie kritisch es wirklich ist, da ich als Politiker in der außerparlamentarischen Opposition nicht den Zugriff auf alle relevanten Informationen im Detail habe. Es sind aber zahlreiche Ziele denkbar, die man angreifen könnte. Für einen Angriff mit einer verheerenden Wirkung muss ja gar nicht besonders intelligent angegriffen werden. Es reicht bereits, wenn bestimmte Infrastrukturen einfach so angegriffen werden, dass sie schlicht ausgeschaltet werden.

Plastisch gesagt, muss man gar nicht unbedingt in die Strukturen eindringen, um sie zu zerstören, sondern es reicht bereits, einfach mit der Keule darauf zu schlagen.

Die Maßnahmen, die von der großen Koalition ergriffen wurden, sind allerdings nur bedingt hilfreich. So zum Beispiel das IT-Sicherheitsgesetz, das ja auch noch mal über die bisher definierten kritischen Infrastrukturen hinaus geht. Für mich wäre es viel hilfreicher, wenn das BSI noch stärker IT-Sicherheit in die Breite der Wirtschaft und der Gesellschaft tragen würde. Konkret heißt das: die Vermittlung von Kompetenz zum Thema IT-Sicherheit. Möglicherweise dann auch konkrete Hilfe, wenn Probleme auftreten. Ich wünsche mir ein IT-Sicherheitsgesetz, das nicht nur das Recht der Behörden definiert Informationen zu erhalten, sondern auch die Pflicht der Behörden zu helfen beinhaltet. Das ist aktuell völlig außen vor. Im aktuellen IT-Sicherheitsgesetz steht gar nichts davon. Das ist fatal. Denn es hilft zwar zu wissen, dass ein Angriff stattfindet, aber man muss dann auch Abhilfe schaffen und diesem möglichst schnell begegnen können.

TechnikSurfer: Also sie sagen einerseits „Meldeverpflichtungen ja, aber auf der anderen Seite ein deutlich aufgestocktes BSI mit mehr Kompetenz“?

Höferlin: Meldeverpflichtungen sind nur in Ordnung, wenn ich auch etwas dafür bekomme. Was hilft es mir zu melden, wenn ich dann darauf keine Antwort erhalte.

Das ist eine Frage von Kooperation in beide Richtungen. So, wie es jetzt ist, ist es eine einseitige Geschichte.

TechnikSurfer: Abschließend die Frage, wie schnell surfen sie persönlich im Internet?

Höferlin: Ich habe großes Glück; im Festnetzbereich habe ich eine 100MBit-Leitung, die mir noch reicht, da meine Kinder noch zu klein sind, um alleine Fernsehen zu gucken. Ansonsten habe ich LTE-Verträge. Wobei nicht alle die volle Bandbreite haben.

Aber grundsätzlich gilt, ich kann nicht ohne schnelles Internet. Für mich ist auch eine hohe Upload-Geschwindigkeit wichtig. Das wird ja häufig nur untergeordnet mitdiskutiert. Es wird aber zunehmend wichtiger, nicht nur im geschäftlichen, sondern mittlerweile auch im privaten Bereich.

Weitere Netzfragen-Interviews

• Interview mit den Grünen: Deutsches Internet ist „völlig inakzeptabel“
• Interview mit der SPD: Facebook hat Fake News „absolut unterschätzt“
• Interview mit den Linken: Vorratsdatenspeicherung ist „einfach von Grund auf abzulehnen“
• Interview mit der CDU: Frankreich und USA waren „deutliche Warnzeichen“ für Bundestagswahl

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